An die

Obere Straßenverkehrsbehörde

als Aufsichtsbehörde



Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Straße <xy> im Ortsteil <xy> der Gemeinde <xy> wurde mit Verkehrszeichen 315 das Parken auf dem Gehweg angeordnet.

Meiner Auffassung nach entspricht diese verkehrsrechtliche Anordnung nicht mehr den von der aktuellen StVO und den aktuellen VwV-StVO gesetzten rechtlichen Rahmenbedingungen.

Aus diesem Grund stellte ich am <xy> an die zuständige Straßenverkehrsbehörde einen Antrag auf Neuverbescheidung mit der Bitte, die verkehrsrechtliche Anordnung zu prüfen und aufzuheben.

Am <xy> teilte mir die Untere Straßenverkehrsbehörde mit, dass sie die Anordnung zum Parken auf dem Gehweg an der eingangs genannten Stelle nicht aufheben wird.

Diese Entscheidung ist meiner Auffassung nach fachlich nicht korrekt. Ich möchte Sie deshalb bitten, in Ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde die Entscheidung der Unteren Straßenverkehrsbehörde fachlich und juristisch zu überprüfen. Im Anschluss an Ihre Prüfung bitte ich, auf die Untere Straßenverkehrsbehörde einzuwirken, eine rechtskonforme Lösung für die bemängelte Stelle zu finden.

Rechtsgrundlage für das Parken von Fahrzeugen ist die Straßenverkehrs-Ordnung, die insbesondere in den letzten Änderungen den Schutz von Fußgängern und Radfahrern in den Vordergrund stellt. Die StVO besagt eindeutig, dass das Parken auf Gehwegen grundsätzlich untersagt ist. Damit soll der Gehweg seiner Schutzfunktion für den Fußverkehr gerecht werden.

Lediglich in Ausnahmefällen darf die Straßenverkehrsbehörde das Parken auf einem Gehweg mit einer Parkflächenmarkierung (bei wenigen Stellplätzen) oder durch Verkehrszeichen 315 erlauben. Weil dadurch der Gehweg regelmäßig seiner Schutzfunktion beraubt werden kann, sind für eine solche Anordnung strenge Regeln einzuhalten.

Diese Regeln sind in der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) bundeseinheitlich festgelegt. Mit der VwV-StVO als innerdienstlichen Richtlinie bindet sich die Verwaltung selbst, da sie zur Wahrung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG gleichgelagerte Fälle nicht ohne sachlichen Grund anders behandeln darf (siehe u.a. OVG NRW, 23.08.2011 – 8 A 2247/10; VG München, 19.05.2017 – M 23 K 16.1536). Nur bei einem atypischen Sachverhalt darf von der VwV-StVO abgewichen werden (siehe u.a. VG Hamburg, 28.01.2002 – 5 VG 4258/2000). Parkraummangel („Parkdruck“) sowie schmale Fahrbahnen sind bundesweit üblich und deshalb kein atypischer Sachverhalt.

Da an der angegebenen Stelle meiner Einschätzung nach kein atypischer Sachverhalt vorliegt, sind die Regeln der VwV-StVO einzuhalten. Diese lauten:

„Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt, die Gehwege und die darunter liegenden Leitungen durch die parkenden Fahrzeuge nicht beschädigt werden können und der Zugang zu Leitungen nicht beeinträchtigt werden kann.“ (Zu Zeichen 315 Parken auf Gehwegen, Rd. Nr. 1)

Die Wortwahl „darf nur“ stellt klar, dass es sich hier um eine Muss-Vorschrift handelt. Parken auf Gehwegen darf also nur dort erwogen werden, wo ungehinderter Begegnungsverkehr von Fußgängern, auch solchen mit Kinderwagen sowie mobilitätseingeschränkten Personen gewährleistet ist.

Der für den ungehinderten Begegnungsverkehr zweier Fußgänger nötige Verkehrsraum ergibt sich aus den einschlägigen Richtlinien, insbesondere der „Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen“ (RASt), den „Empfehlungen für Fußverkehranlagen“ (EFA) und den „Hinweisen für barrierefreie Verkehrsanlagen“ (H BVA). Übereinstimmend verlangen diese für Begegnungsverkehr einen freien Verkehrsraum von mindestens 1,8 m Breite. Hinzu kommen noch Sicherheitsräume von 0,2 m auf der Gebäudeseite und 0,5 m zu parkenden Fahrzeugen.

Aus der VwV-StVO und den Richtlinien ergibt sich deshalb eindeutig, dass angeordnetes Gehwegparken nur dort möglich ist, wo eine freie Rest-Gehwegbreite von mindestens 2,5 m erhalten bleibt.

An der einleitend genannten Stelle wird diese zwingend erforderliche Rest-Gehwegbreite bei weitem nicht erreicht. Nach meinen Beobachtungen beträgt die Rest-Gehwegbreite neben parkenden Fahrzeugen nur etwa <xy> m. Verkehrszeichen 315 dürfte also meiner Einschätzung nach hier nicht angeordnet werden. Da es für Verkehrszeichen keinen Bestandsschutz gibt, ist die verkehrsrechtliche Anordnung den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen. (VwV-StVO zu §2 Absatz 4 Satz 2 StVO, Nummer IV)

Die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußverkehrs sind an dieser Stelle erheblich eingeschränkt. Dies behindert insbesondere mobilitätseingeschränkte Personen, solche mit Kinderwagen oder auch radfahrende Kinder, welche auf einen sicheren und ausreichend breiten Gehweg angewiesen sind. Es behindert aber auch den Fußverkehr aller, darunter den der unterzeichnenden Person.

Rückmeldungen

Bitte bestätigen Sie den Erhalt dieses Schreibens und halten Sie mich über das Ergebnis Ihrer Prüfung auf dem Laufenden. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einen eventuellen Schriftverkehr mit der Unteren Straßenverkehrsbehörde in Kopie zusenden könnten.

Sollten für die Bearbeitung dieses Schreibens Kosten für mich entstehen, so informieren Sie mich bitte vorab hierüber und warten Sie bitte meine Bestätigung der Kostenübernahme ab.

In der Anlage erhalten Sie zu Ihrer Kenntnis den bisherigen Schriftverkehr zu diesem Fall.

Mit freundlichen Grüßen